Braun, braun, braun

…ist die Substanz, die unter der katholischen Tünche hervorlugt.

Anderorts wurde über die rassistischen Vergleiche des Bischofs Hanke sachlich berichtet ebenso wie über den Eindruck, den sie in Israel hinterlassen. Nur die Stellungnahmen der Deutschen Bischofskonferenz scheinen noch kein Aufsehen erregt zu haben.

Kardinal Lehmann, dessen Stimme ich sehr viel eher zu hören erwartet hätte, hat geantwortet. Nur kann ich seine Worte nicht mit den Tatsachen in Einklang bringen – er schreibt an Avner Shalev, den Vorsitzenden der Gedenkstätte Yad Vashem (Betonung von mir):

„Wenig später sind wir in die Palästinensergebiete gereist, wo nicht wenige Bischöfe, besonders im Schatten der Sicherheitszäune und Mauern in Bethlehem, eine starke innere Anspannung angesichts der bedrückenden Situation verspürten. Dieses Gefühl der Bedrängung hat dann auch in einigen harten Äußerungen seinen Niederschlag gefunden, von denen einzelne sicherlich nicht angemessen waren. Solche situativ zugespitzten Äußerungen dürfen allerdings nicht verwechselt werden mit einer umfassenden Beurteilung der Gesamtlage, der eine abgewogene Prüfung der Zusammenhänge und eine Gewichtung aller Gesichtspunkte zugrunde liegt. Eine solche Gesamtbewertung habe ich in meiner Abschluss-Presseerklärung versucht. Sie wird von allen Bischöfen geteilt.

Nicht nur, dass Hankes und Mixas Äußerungen der dargestellten Haltung Lehmanns diametral entgegegesetzt liegen – es kommt noch besser:

„Auch diejenigen, die in scharfem Ton über die Lage in den Autonomiegebieten gesprochen haben, stellen in keiner Weise die Bedrohung der Israelis durch den Terrorismus in Frage. Auch sie vertreten uneingeschränkt das Existenz- und Selbstverteidigungsrecht des Staates Israel.“

Doie Vorstellung des Herrn Hanke vom israelischen Selbstverteidigungsrecht spiegelt sich in dieser Darstellung wider:

“Israel has, of course, the right to exist, but this right cannot be realized in such a brutal manner,” said Bishop Hanke, who later stated that he intends to amend this year’s Easter message to German churches so as to include the delegation’s political impressions from their visit to the territories and a demand to change the situation.“

Auf die „Osterbotschaft“ bin ich ja nun sehr gespannt. In seiner bodenlosen Arroganz schwingt ein gewisses Sendungsbewußtsein mit, anderen seinen Antisemitismus nach allen Regeln der Kunst und seines Amtes nicht nur vorzuleben, sondern auch zu lehren.

Der folgende Abschnitt von Lehmanns Brief klingt wie Hohn (Betonung erneut meine):

„Die Gefühle der Überlebenden der Shoa oder der jüdischen Bevölkerung in Israel zu verletzen, war zweifelsfrei niemandes Absicht. Die deutschen Bischöfe sind und bleiben sich ihrer besonderen historischen Verantwortung bewusst. Wir wissen: Dies muss sich auch im sensiblen Umgang mit unseren Worten stets aufs Neue beweisen.
Diesem Auftrag wollen wir auch in Zukunft treu verbunden bleiben.“

Vielleicht kann er uns wenigstens die Durchführung des letzten Satzes ersparen??

Denn wie Dieter Graumann so treffend angemerkt hat, brauchen Menschen, die solche Freunde haben, keine Feinde mehr. In der Tat – einen Mangel an Antisemiten gibt es in Deutschland nicht.

Kardinal Lehmanns Brief in voller Länge

Wem noch nicht übel genug ist, der kann hier die Stellungnahme von Dr. Hans Langendörfer SJ, dem Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz nachlesen, die noch verwaschener als die des Kardinal Lehmann ist.

Alan Posener hat eine hervorragende Antwort gegeben, die man hier findet.

8 Antworten

  1. Ich verstehe Dich, und auch wieder nicht. Die beiden Bischöfe sind mir sowas von egal, die könnten die Erde wieder zur Scheibe erklären ohne bei mir die geringste Reaktion zu provozieren. Wenn ich (von Dir) so engagiert auf deren Sprüche hingewiesen werde: ja, ich halte die Äußerungen für unangemessen (soweit der politische Sprachgebrauch) und dämlich (soweit der Christ und die Nächstenliebe in mir). Die Antwort von Alan Posener ist zutreffend aber berechtigt einseitig. Lehmann hat es nicht leicht mit seinen Kollegen (soweit der gnädige Humorist in mir).

    Du unterstellst Lehmann und seinem Brief, dass er insgeheim mit den beiden Bischöfen einer Meinung sei, das nur wortreich verkleide. Aber das ist eine Unterstellung, mehr nicht. Einen geeigneten Beleg bleibst Du schuldig.

    Auch Deine energische Solidarität mit Israel ist vielleicht einer der Gründe dafür, dass deutsche Juden in Deutschland oft für Israel politisch in Anspruch genommen werden. So sehr die eigene Religion zu betonen führt (bei mir) zu dem Eindruck, dass alle Anders- und Nichtgläubigen in eine gemeinsame Ecke gestellt werden, eben auch füreinander in Anspruch genommen werden. Ein Eindruck, den ich übrigens bei allen eifrig-religiösen Menschen habe. Damit aber unterstellst Du selber etwas, das Du Dir gegenüber kritisch anmerkst.

    Ich übrigens halte die langjährige Unterstützung der Palästinenser durch Europa für eine der Ursachen der heutigen Probleme in der Region (»Wir haben denen zuviel Geld gegeben.«). Eine weitere Ursache ist die politische Förderung der wirtschaftlichen Interessen an der Ausbeutung der Erdölwerte in allen westlichen Staaten und durch alle darin vertretenen Religionsangehörigen (»Die USA und alle anderen Industriestaaten haben – und tun es noch – zuviel Geld für Öl an Regime gegeben, die man hätte besser enteignen sollen.«). Meine Toleranz gegenüber Intoleranz geht keinesfalls soweit, dass ich meine eigene Existenz dadurch infrage zu stellen bereit wäre. Ob ich überhaupt sehr tolerant bin wage ich zu bezweifeln. Aber: nein, ich halte Katholizismus nicht nur für Tünche über braunem Inhalt.

  2. Hallo Wolf,

    ich unterstelle Lehmann nicht, daß er mit den beiden Bischöfen einer Meinung ist – nur den beiden Bischöfen allein unterstelle ich Antisemitismus. Das Problem an Lehmann ist, dass er die Bemerkungen schönt und nicht klar als das bezeichnet was sie sind. Der Holokaust wurde u.a. möglich, weil die großen christlichen Kirchen Jahrhunderte in ihren antisemitischen Haltungen verhaftet waren. Von Yad Vashem aus nach Ramallah zu gehen und Nazivergleiche anzustellen ist m.E. bodenlos und sehr aufschlussreich. Sie sind Würdenträger und Meinungsmacher unter den Katholiken! Das ist für Juden in diesem Land schlichtweg relevant – und hat mit Israel nur als Vektor zu tun.

    Ich stelle nicht alle Nichtjuden in Ecke, ich wundere mich nur über die Stille wenn Würdenträger einer Amtskirche antisemitische Kommentare von sich geben.

    Das unqualifizierte Gebrüll über in der Berichterstattung aus dem Zusammenhang gerissene Aktionen Israels ist hingegen ohrenbetäubend. Alles was ich will, sind gleiche Maßstäbe.

    Woher leitest Du „energische Solidarität“ meiner Person mit Israel ab? Ich habe dazu bewußt nichts geschrieben. Es geht mir nicht um Kritik, sondern um deren Ton und Ausgewogenheit. Im Gegenteil – ich bin wie Avi Primor („Wenn Sie Israel helfen wollen, helfen Sie den Palaestinensern“) der Ansicht, dass man den Palaestinensern helfen muß, auch finanziell. Nur diese Hilfe muss besser kontrolliert und koordiniert werden. Nach dem Tod Arafats konnten aufmerksame Leser verfolgen, wie das mit seiner Orivatschatulle und der öffentl. Schatulle der Pal. aussieht: es besteht der dringende Verdacht, dass er Hilfsgelder veruntreut und in seine Tasche hat fließen lassen. Die Mehrheit der Palaestinenser lebt im Gegensatz zu Arafats Witwe und anderen pal. Würdenträgern unter erbärmlichen Bedingungen – seit 50 Jahren in Flüchtlingslagern!

    Eine differenzierte Auseinandersetzung kann man m.E. mit gut informierten Kennern der Situation führen – und das sicher nicht im Netz. Oh ja, und wenn ich das wollte, müßte auch ich meinen Kenntnisstand auf aktuelles Niveau heben.

  3. Lehmann ist der gewählte Erste unter Gleichen. Das ist kein einfacher Job, das weiß ich, weil es noch nicht einmal eine einfache Aufgabe ist. Er darf nicht öffentlich kritisieren, will er nicht seine Einflussmöglichkeiten selbst schmälern. Ich möchte nicht einmal in der Nähe gewesen sein wenn er (vielleicht mit meinem Temperament ausgestattet) hinter verschlossenen Türen diesen seinen Brüdern in Christo die Leviten gelesen 😉 hat.

    Gleiche Maßstäbe forderst Du öffentlich? Du hast Recht das zu fordern. Aber Du beraubst Dir selbst die Chance die Zielgruppe zu beeinflussen.

    Korruption ist Ergebnis der Gelegenheit. Und so ein seltsames Gebilde wie der Palästinenserstaat ist bestimmt eine gute Gelegenheit. Aber wir haben soviel Gelegenheiten in Deutschland, da verschlägt es mir die Sprache beim Zeigen auf andere Staaten.

    Beim Anblick der palästinensischen Geburtenrate bestünde ich als Ministerpräsident nur noch aus Sorgenfalten. Da brauchte es keinen Journalisten mehr. Und wenn ich sehe mit welcher Verblendung da Mütter ihre verbliebenen Söhne antreiben es einem Selbstmordattentäter-Sohn gleich zu tun … nein, ich bin nicht tolerant. Und ich stimme der genannten These Primors nicht zu, so sehr er mich sonst in vielen Diskussionen beeindruckt hat.

    Das ist für mich eine politische Diskussion, wenn sie Dir hier unpassend erscheint lösch‘ meinen Beitrag einfach weg, hier bist Du zuhaus.

  4. „Gleiche Maßstäbe forderst Du öffentlich? Du hast Recht das zu fordern. Aber Du beraubst Dir selbst die Chance die Zielgruppe zu beeinflussen.“

    Ich sehe nicht , wie gleiche Maßstäbe für die Beurteilung zweier Konfliktparteien durch andere Länder die öffentliche Meinung dieser Länder per se nicht beeinflußen sollen können.

    „Das ist für mich eine politische Diskussion, wenn sie Dir hier unpassend erscheint lösch’ meinen Beitrag einfach weg, hier bist Du zuhaus.“

    Wenn ich sage, dass es exzellenter Kenntnisse der Lage bedarf, geht es mir nur um konkrete Diskussion zum pol. Geschehen in Nahost.
    Der Einfluß der Berichterstattung und des Verhaltens deutscher Repräsentanten auf Juden und Nichtjuden in .de ist damit nicht gemeint.

  5. Wer soll denn anlässlich einer Äußerung eines Mixa für gleiche Maßstäbe eintreten? Doch nicht die Evangelen, Muslime, sonstige Religionsangehörige? Es kann sich doch nur um eine Erwartung an Katholiken handeln. Und wenn Du denen schon in der Überschrift das „Braunsein“ anhängst, von »katholischer Tünche« schreibst, dann werden genau die Dir keinen Gefallen mehr tun. Das meinte ich damit, dass Du eine Forderung aufstellst, die Zielgruppe aber vorab gleich so vor den Kopf stößt, dass sie Dir keinen Gefallen mehr tun wird, selbst wenn sie Dir schweigend zustimmen sollte. Sorry, das habe ich beim ersten Mal sehr verkürzt.

    Andere Zielgruppen kann ich nicht erkennen, denn außer gläubigen Katholiken einerseits und Dir und der von Dir vertretenen Gruppen andererseits kümmert sich hier in D niemand so richtig um Mixa. Wahrscheinlich sehr zu seinem Leidwesen.

  6. „Und wenn Du denen schon in der Überschrift das “Braunsein” anhängst, von »katholischer Tünche« schreibst, dann werden genau die Dir keinen Gefallen mehr tun.“

    Damit unterstellst Du Katholiken weniger Fähigkeit zu logischem Denken und mehr Nibelungentreue als ich das je getan hätte.

    Ich betone es noch einmal: ich habe Tünche unter einem kath. Gewand den Bischöfen, nicht dem allgemeinen Kirchenvolk unterstellt.

    Kritisches Denken *meínen* Glaubensgenossen gegegenüber betrachte *ich* als Selbstverständlichkeit. Und ebenso, dachte ich, wäre das bei Katholiken – man gibt seinen Kopf ja nicht an der Kirchentüre ab, oder?

    Glaubst Du wirklich, der Mythos vom „braven, assimilierten, leisen“ Juden (Stichwort „religiös bzw. energische Solidarität“ bezogen auf meine Person) hätte irgendwann (z.B. in Zeiten der Weimarer Republik oder gar heute) zu einer Gleichbehandlung geführt?? Denkst Du wirklich, Juden müssen angepasst und „nett“ sein, um nach christl. Richtlinien gerecht behandelt zu werden ?

    Die Geschichte hat das bereits als einen Irrtum erwiesen.

  7. Du schriebst nicht vom Bischofsrock. Aber Du fordertest Engagement der Katholiken in Deutschland gegen einen ihrer religiösen Führer. Das bekommst Du so nicht, das bekommen andere so nicht. Mehr habe ich nicht geschrieben, auch nicht weniger. Von mir aus kannst Du gerne beschimpfen wen immer Du magst. Nur wundert mich wenn Du Dich wunderst, dass die dann nicht tun, was Du gern hättest, gar deren Verweigerung als Unlogik vermutest. Ich unterstelle denen Logik: wenn sie beschimpft werden schalten sie (es könnte noch schlimmer sein) auf Durchzug.

    Um Deine Gleichbehandlung kann es hier m.E. nicht gehen, jedenfalls kann ich nichts erkennen, was Mixa zu Juden in D in diesem Zusammenhang gesagt hätte. Zu wem er überhaupt gesprochen hat bleibt mir verschlossen.

    Ich glaube auch nicht an den von Dir genannten Mythos. Gleichbehandlung (ich spreche übrigens lieber von Chancengerechtigkeit als von Chancengleichheit weil ich von letzterer nichts halte aber weiß, was meist gemeint ist) für Gleiche? Haben wir in dieser Gesellschaft in Deutschland zur Zeit mehr als je zuvor, vielleicht aber immer noch nicht genug. Aber das ist m.E. ein ganz anderes Thema, ich sehe da keinen Zusammenhang zwischen den Äußerungen von Mixa und der Chancengerechtigkeit in Deutschland.

  8. „Du schriebst nicht vom Bischofsrock. Aber Du fordertest Engagement der Katholiken in Deutschland gegen einen ihrer religiösen Führer. Das bekommst Du so nicht, das bekommen andere so nicht.“

    Ich habe Dir u. anderen aber in meinen Kommentaren, dass ich das ausschließlich auf Bischöfe beziehe.

    Was Du schreibst, stellt Katholiken als ein igermaßen primitive Wesen dar.

    Was den Schluß Deines Kommentars angeht, sind wir uns einig.

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